Bild vom Ostrad

Wie fährt es sich mit einem Liegerad?

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  • Jedem Liegeradnovizen muß man hier erstmal eine kleine Geschichte erzählen.
    Es war einmal ein Fahrradfahrer, der sich ein Liegerad gekauft hatte. Dieses besaß ein Tretlager, welches sich doch recht weit über dem Erdboden befand. Der Fahrer mußte also nach vorne, wenn nicht sogar nach oben strampeln (Wohlgemerkt nach oben Treten, nach unten Buckeln!) Dies beansprucht wie jeder allgemein gebildeter Weltmensch weis, die unteren Ausläufer der Musculi vastus laterales, vastus mediales und rectus femoris auf ganz besondere Weise. Der Fahrradfahrer merkte dies sehr schnell.
    Die drei Muskeln verlaufen oberhalb der Kniescheibe und werden von kaum jemanden (außer Bergsteigern, Läufern etc.) so trainiert, daß man damit sofort und ausdauernd mit einem Liegerad fahren könnte. Darum hier einige Ratschläge:

    • Sehr langsamer Trainingsbeginn
    • Unter Umständen wirkt gleichzeitiges Lauftraining wahre Wunder (bei mir nicht).
    • Hohe Trittfrequenz!!! Dies verkürzt die Zeit der maximalen Belastung der Kniescheibe bei einer Umdrehung.

    Dies bedeutet am Anfang täglich eine Fahrt von 3-5 km, flache Strecke! Über Monate (!) kann man dies dann steigern, so daß man nach einem halben Jahr vielleicht wieder steile Berge und Sprints oder mit Gepäck fahren kann. Je mehr Muskeln schon da sind, um so weniger sollte man sich überschätzen, ich kann drei, vier Lieder davon singen (Als langjähriger Schwimmer und Jedentag-Fahrradfahrer traut man sich halt was zu.)
    Aber es ist schon toll, wenn man den Muskeln beim Wachsen zusehen kann (Phantasie ist etwas Schönes.)


  • Mit einem Liegerad kann man Berge hochfahren. Diese einfache Tatsache wird einem als Fahrer fast nie abgenommen. Man geht die Steigung bloß anders an: die optimale Geschwindigkeit und besten Gang am Fuße des Berges abschätzen, und dann mit rundem Tritt und wie immer mit hoher Frequenz hochspulen. Ist die Steigung lang und steil genug, holt man die meisten Rennradler ein!


  • Benutzt man ein kurzes Liegerad, dann ist es einem Neuling schon nach kürzester Zeit möglich, enge Kurven zu fahren. Es gibt also keine Abstriche gegenüber einem normalen Rad. Schnippeln im Stau ist auch im Liegen ein Vergnügen. Lange Liegeräder sind wahre Geradeausläufer mit teilweise gigantischem Wendekreis. Perfekt als Rad für Radtouren und Freihändig Fahren - toller Effekt in der Fußgängerzone.

  • Die hohe Geschwindigkeit eines Liegerades ist ja allgemein bekannt, aber nicht immer existent. Auch Liegeradler werden mal schlapp oder wie im Fall des Ostrads, ist das Rad auf Komfort ausgelegt. Man ist zwar langsamer als mit einem Renn-Liegerad, aber fährt wie in einer Sänfte. Diesbezüglich ist das lange Ostrad (Vorderrad vor dem Tretlager), mit mindestens dem doppelten Federweg wie das kurze, wohl die Referenz.
    Das schnellere Fahren kommt vorallem durch die vergrößerte Muskelmasse, die an der Bewegung beteiligt ist zustande. Bestes Beispiel für diese Tatsache ist ein Bekannter von mir, der die Verstelleinrichtung der Rückenlehne beim Bergauffahren vollkommen abgeschert hatte (war damals auch nur Alu). Am Berg drückt man sich halt wortwörtlich brutal in die Lehne. Im Endeffekt kann man davon ausgehen, daß etwa 150-200% der normalen Leistung auf die Pedalen gebracht werden.


  • Der verringerte Luftwiderstand durch die kleinere Angriffsfläche kann durch die schlechteren (!) aerodynamischen Eigenschaften zunichte gemacht werden. Die tretenden Füße verwirbeln die anströmende Luft so stark, daß eine laminare Ströung um den Fahrer nicht zustande kommt.
    Abhilfe schafft eine Teilverkleidung an der Front und schon selbst kleine aerodynamische Verkleidungen für die Pedale inklusive den Schuhen.


  • Die anderen Verkehrsteilnehmer achten meiner Erfahrung nach sehr auf ungewöhnliche Fahrzeuge. Man braucht also keine Angst wegen Übersehenwerden zu haben.
    Eine Kurvenfahrt leitet man beim Fahrrad durch kurzes Gegenlenken ein. Nun befindet sich bei kurzen Liegerädern das Tretlager ja vor dem Vorderrad. Für Außenstehende sieht es so immer aus, als ob man in die andere Richtung fahren möchte. Wichtig und dort wohl auch am auffälligsten ist dies beim Langsamfahren: Fußgänger weichen einem doch glatt immer in die falsche Richtung aus. - Also bedenkt dies!
    Durch die niedrige Sitzposition muß man wie die Autofahrer im Straßenverkehr durch die Scheiben der anderen Autos sehen.

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Sven Höfer - webmaster@svenhoefer.de
Letzte Änderung: 03.06.2000